Pirnaer Stadtrat: Weiße Hemden, politische Hochzeiten und ein kurioser Balanceakt

In der 1. Sitzung des Pirnaer Stadtrates (auch konstituierende Sitzung genannt) am Dienstag, 27.08.2024, wurden die Stadträte vereidigt, Formalien beschlossen, der ehrenamtliche Stellvertreter des Oberbürgermeisters bestellt sowie die Sitze in den vorberatenden Ausschüssen und in den Aufsichtsräten der städtischen Gesellschaften sowie im Zweckverband IndustriePark Oberelbe besetzt.

Politische Hochzeit in Weiß: AfD-Abgeordnete erscheinen einheitlich zur Sitzung

Zur 1. Sitzung des Stadtrates erschienen die Abgeordneten der AfD-Fraktion einheitlich uniformiert in weißen Oberhemden. Diese Kleiderwahl führte bei einigen Stadträten und Zuschauern zu Vergleichen mit einer bevorstehenden Hochzeit, da die Farbe Weiß oft mit Reinheit und Einheit assoziiert wird.

Das gemeinsame Abstimmungsverhalten und die sichtbar gut abgestimmte Zusammenarbeit der AfD-Abgeordneten mit den Stadträten der Freien Wählern und den Pirnaer Bürgerinitiativen in dieser Sitzung verstärkte diesen Eindruck bei manchen Beobachtern.

Hintergrund: AfD (9 Sitze), Freie Wähler (4 Sitze) und die Pirnaer Bürgerinitiativen (ein Sitz) haben die Mehrheit über die insgesamt 26 Sitze im Pirnaer Stadtrat.

Vom Stadtrat fernbleiben, aber im Kreistag glänzen – ein kurioser Balanceakt!

In meinem Artikel Jeder 3. AfD-Stadtrat will sein Wahlamt nicht antreten hatte ich bereits darüber berichtet, dass Stadträte der AfD ihre Mandate nicht annehmen wollen und auch die dafür erforderlichen Gründe angegeben hatten. Die CDU-Fraktion hatte dazu konkrete Fragen. Zur Beantwortung durch die Betroffenen stellte AfD-Oberbürgermeister Tim Lochner die Nichtöffentlichkeit der Sitzung her. Diese Entscheidung ist durchaus nachvollziehbar – niemand will seine familiäre Situation oder seine Erkrankungen in der Öffentlichkeit erklären müssen.

Herr Schneider und Frau Friedrich (beide für die AfD) erläuterten den Stadträten unter Ausschluss der Zuschauer ihre Gründe für die Nichtannahme des Stadtratsmandates und beantworteten Fragen der Stadträte. Anschließend stellte der Oberbürgermeister die Öffentlichkeit wieder her. Der Stadtrat beschloss anschließend mehrheitlich, dass bei Herrn Schneider und bei Frau Friedrich nachvollziehbare gesundheitliche bzw. familiäre Gründe vorliegen, um ihr Stadtratsmandat nicht annehmen zu müssen.

Anzumerken sei an dieser Stelle, dass Herr Bernd Schneider einerseits gesundheitliche Gründe für die Nichtannahme seines Stadtratsmandates geltend gemacht hat, anderseits jedoch sein für die AfD errungenes Mandat als Kreisrat angenommen hat. Ob er nun sein Kreistagsmandat ebenfalls aufgibt, bleibt offen.

„Ich gelobe es.“

Der Oberbürgermeister der Stadt Pirna verpflichtete anschließend die Stadträte öffentlich auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten.

„Ich gelobe Treue der Verfassung, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Pflichten, die mir die Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen vorgibt. Insbesondere gelobe ich, die Rechte der Stadt Pirna gewissenhaft zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern.“

Wenn der Chef ausfällt: Ralf Thiele übernimmt das Ruder – zur Freude der Freien Wähler und der AfD

Als nächstes stand die Wahl der Stellvertretung des Oberbürgermeisters auf der Tagesordnung. Dieser nimmt die Stellvertretung des Oberbürgermeisters (Tim Lochner) wahr, wenn auch Bürgermeister (Markus Dreßler, CDU) verhindert ist.

Auf Vorschlag der Freien Wähler wurde der Stadtrat und ehemalige Oberbürgermeisterkandidat Ralf Thiele (Freie Wähler) mit den Stimmen der Abgeordneten der AfD-Fraktion mehrheitlich durch Wahl bestellt. Die CDU stimmte gegen Ralf Thiele, die Fraktionsgemeinschaft „Bündnis Sahra Wagenknecht im Pirnaer Stadtrat“ enthielt sich.

Die letzten Tagesordnungspunkte betrafen die Besetzung weiterer Gremien, wie der vorberatenden Ausschüsse, der Aufsichtsräte der städtischen Gesellschaften und der Verbandsversammlung des Zweckverbandes IndustriePark Oberelbe. Dazu bald mehr.